Praktikum

Praktikanten oder Praktikantinnen aufnehmen? – Das sollten Unternehmen rund um das Praktikum wissen.

Das Praktikum erfreut sich an zunehmender Beliebtheit auf beiden Seiten. Viele Unternehmen holen sich, besonders gerne in den Sommermonaten, Unterstützung und entscheiden sich deshalb für eine Praktikantin oder einen Praktikanten. So wird die eigene Belegschaft in der Urlaubszeit tatkräftig unterstützt und es kommt frischer Wind in das Unternehmen. Ein ungetrübter Blick von außen hilft oft eigene Abläufe zu optimieren und eröffnet eine neue Sichtweise auf die Zielgruppe. Bei all den positiven Gründen einen Praktikanten oder eine Praktikantin einzustellen, gibt es jedoch auch einige rechtliche Dinge, die zu beachten sind. Was Sie wissen müssen bevor Sie eine Praktikantin oder einen Praktikanten einstellen, erfahren Sie hier.

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Die Unterschiede zwischen Pflichtpraktikum und freiwilligem Praktikum

Praktika erfreuen sich einer beidseitigen Beliebtheit. Denn nicht nur junge Menschen machen gerne ein Praktikum. Nein, auch Unternehmen haben den Nutzen von Praktikanten und Praktikantinnen bereits erkannt. Bevor Sie als Unternehmen jemanden aufnehmen, müssen Sie sich über rechtliche Vorgaben informieren. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist die Art des Praktikums. Denn ob es sich um ein Pflichtpraktikum oder freiwilliges Praktikum handelt, ist nicht egal. Diese unterschiedlichen Formen bringen auch rechtliche Unterschiede mit sich.

Praktikum ist nicht gleich Praktikum! – Das Pflichtpraktikum

Ein Pflichtpraktikum müssen meist Schüler/innen sowie Studierende absolvieren. Diese Pflichtpraktika haben eine vorgeschriebene Dauer und zählen als Bestandteil der Ausbildung. Während des Praktikums bleibt die Universität oder die Schule weiterhin der Hauptarbeitgeber der Praktikantin oder des Praktikanten. Daher haben diese weder einen Anspruch auf Urlaub noch auf Entlohnung. Viele Unternehmen stellen nach der Praktikumszeit ein Zeugnis für die Arbeitsleistung aus, jedoch besteht kein rechtlicher Anspruch darauf. Beim Pflichtpraktikum steht die Ausbildung im Vordergrund. Der Praktikant oder die Praktikantin soll das in der Schule oder dem Studium erlernte Wissen in der Praxis anwenden können. Die Arbeitsleistung steht hier an zweiter Stelle.

Grundlage beim freiwilligen Praktikum

Entscheiden Sie sich für einen freiwilligen Praktikanten oder eine freiwillige Praktikantin, unterliegen Sie als Unternehmen dem Berufsbildungsgesetz. Das bedeutet, dass hier Anspruch auf Urlaub, Entlohnung sowie Zeugnis besteht. Hier kann das Arbeitsverhältnis, unter Einhaltung der Frist von vier Wochen, jederzeit vom Praktikanten oder der Praktikantin gelöst werden. Dabei steht jedoch die Arbeitsleistung klar im Vordergrund.

Die Regelung der Ansprüche bei einem freiwilligen Praktikum und einem Pflichtpraktikum

Im Prinzip haben Praktikanten und Praktikantinnen dieselben Ansprüche wie alle Arbeitnehmer/innen. Doch was bedeutet das genau?

Anspruch bei einem freiwilligen Praktikum:

  • Sie haben einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub. Dafür muss das Praktikum länger als vier Wochen dauern.
  • Es besteht der Anspruch auf Entlohnung.
  • Unternehmen dürfen nur mit einem wichtigen Grund den Praktikanten oder die Praktikantin kündigen. Die Praktikanten und Praktikantinnen können jeder Zeit kündigen, müssen dabei aber eine Frist von vier Wochen einhalten.
  • Es besteht der Anspruch auf ein Praktikumszeugnis. Hierfür reicht ein einfaches Zeugnis aus. Das Unternehmen kann jedoch auf freiwilliger Basis ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen.

Anspruch beim Pflichtpraktikum:

Hier bestehen die oben angeführten Ansprüche nicht. Es steht die Ausbildung im Vordergrund, die Arbeitsleistung jedoch nicht. Es besteht keine Verpflichtung zur Entlohnung sowie kein Urlaubsanspruch. Bei einem Pflichtpraktikum muss das Unternehmen eine Praktikumsbescheinigung ausstellen, denn diese wird zur Vorlage für die Schule oder Universität benötigt. Viele Firmen zahlen ihren Pflichtpraktikantinnen und -praktikanten dennoch eine kleine Entschädigung für ihre Arbeitsleistung, das aber auf freiwilliger Basis.

 

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Der Arbeitsschutz im Praktikum

Als Arbeitgeber müssen Sie gewährleisten, dass alle geltenden Rechte sowie Vorschriften für Praktikantinnen und Praktikanten eingehalten werden. Das heißt, Jugendliche dürfen in der Regel nicht mehr als acht Stunden arbeiten. Die Wochenstundenanzahl von 40 Stunden darf man nicht überschreiten sowie die fünf-Tage-Woche gilt es ebenso einzuhalten.

Die Arbeitszeit bei Jugendlichen muss zwischen 6 und 20 Uhr liegen. Für Branchen mit speziellen Arbeitsrhythmen gibt es eigene Regelungen. Zum Beispiel darf ein 15-jähriger Praktikant bei einer Bäckerei auch um 5 Uhr in der Früh beginnen.

Diese Beschränkungen sind im Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz genau geregelt. Ist das 18. Lebensjahr vollendet, gelten die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes. Achtung: Diese Gesetze gelten jedoch nur, wenn ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

Bestimmungen aus dem Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz

Folgende Punkte sind durch das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz verboten:

  • Nachtarbeit
  • Akkordarbeit
  • Beförderung hoher Geldbeträge oder Sachgegenstände
  • Arbeiten in gefährdenden Betrieben, wie zum Beispiel jugendgefährdende Lokale
  • Gefährliche Arbeiten, wie Dachdeckertätigkeiten, Arbeiten auf Baustellen, schweres Heben und Tragen
  • Arbeit mit gefährlichen Substanzen, wie zum Beispiel Sprengmittel

 

 

Die Versicherungspflicht für ein Praktikum?

Ob Sie als Unternehmen ihren Praktikanten oder ihre Praktikantin versichern müssen, hängt davon ab, ob und in welcher Höhe Sie ihn/sie entlohnen. Bei einem Pflichtpraktikum besteht grundsätzlich keine Versicherungspflicht. Bekommt der/die Pflichtpraktikant/in aber ein freiwilliges Entgelt von mehr als 450 € pro Monat, kann dennoch eine Versicherungspflicht eintreten.

Alle Praktikantinnen und Praktikanten, egal ob freiwillig oder nicht, müssen unfallversichert sein. Diese Versicherung kann über die Schule oder über den Betrieb laufen. Bei einem freiwilligen Praktikum, das auch bezahlt wird, muss der Praktikant oder die Praktikantin bei der Sozialversicherung gemeldet werden. Die Beitragszahlung ist gleich geregelt wie bei allen Arbeitnehmer/innen. Das Bestehen einer Versicherungspflicht lässt sich ganz leicht prüfen sobald feststeht, warum, für welchen Zeitraum und zu welcher Entlohnung ein Praktikum absolviert wird

Wird ein Praktikumsvertrag benötigt?

Mit einem Praktikumsvertrag sind beide Seiten abgesichert. Dieser beinhalten in der Regel den Zeitraum des Praktikums, die Arbeitszeiten, die Wochenstunden, den Urlaubsanspruch, den Aufgabenbereich sowie eine Verschwiegenheitsklausel. Die Regelung im Krankheitsfall kann ebenso im Praktikumsvertrag einbezogen werden. Damit kann man Uneinigkeiten vorgebeugen und die Rechte und Pflichten beider Seiten genau definieren.

Außerdem empfiehlt die Wirtschaftskammer einen Praktikumsvertrag aufzusetzen. Ebenso ist auch eine Ausbildungsdokumentation empfohlen, um vor Gericht nachweisen zu können, dass der Praktikant oder die Praktikantin tatsächlich zum Ausbildungszweck im Unternehmen tätig war.

 

 

Die richtigen Umgangsformen mit Praktikanten und Praktikantinnen

Leider dominiert in vielen Unternehmen immer noch die Annahme, dass Praktikanten und Praktikantinnen „minderwertige“ Mitarbeiter/innen sind. Oft kommt es vor, dass diese auch genau so behandelt werden. In manchen Situationen kann das Verhalten einiger Mitarbeiter/innen für die Praktikantinnen und Praktikanten sogar erniedrigend sein und wird oft auch als Mobbing aufgenommen.

Eine Praktikantin oder ein Praktikant soll nur eingestellt werden, wenn gewährleistet werden kann, dass diese/r angemessen behandelt und vom Team aufgenommen wird. Es soll gemeinsam am Einblick in das Berufsleben gearbeitet werden. Denn der Sinn eines Praktikums ist es, jungen Menschen beim Einstieg in die Karriere zu helfen. Sie als billige oder kostenlose Arbeitskräfte anzusehen und sie zu erniedrigen ist nicht akzeptabel.

Wichtig ist eine respektvolle Kommunikation. Es sollen unterschiedliche Aufgaben gezeigt und Verantwortung übergeben werden. Die Praktikantinnen und Praktikanten sollen in Team-Aktivitäten eingebunden werden und unterschiedliche Unternehmensbereiche kennenlernen.

Hier einige Dos und Don’ts im Umgang mit Praktikantinnen und Praktikanten. Wie auch Ihre normalen Angestellten sollten Praktikanten und Praktikantinnen gefördert sowie gefordert werden.

Don‘t:

  • Praktikantinnen und Praktikanten als billige Arbeitskräfte oder Hilfskräfte sehen und als solche einstellen.
  • Ihn oder sie nur zusehen lassen und keine eigenen Aufgaben vergeben.
  • Nur eintönige und monotone Aufgaben zuteilen.
  • Keine oder zu wenig Arbeit für den Praktikanten oder die Praktikantin haben.
  • Der Erfolg des Praktikanten oder der Praktikantin und das Erlernen neuer Fähigkeiten ist Ihnen egal.

Do:

  • Eigene kleinere Projekte vergeben.
  • Das Ziel des Praktikums genau definieren.
  • Erwartungen abgleichen und Feedbackgespräche führen.
  • Der Praktikant oder die Praktikantin erhält komplexe und anspruchsvolle Aufgaben, welchen er/sie auch gewachsen ist.
  • In die Teamaktivitäten einbinden.

 

Das Praktikumszeugnis

Dieser Punkt ist für viele Praktikanten und Praktikantinnen sehr wichtig. Denn nur mit einem Praktikumszeugnis können sie ihr Praktikum belegen und beim Einstieg in das Berufsleben durch erste Erfahrungen glänzen. Diese Punkte sollte ein Praktikumszeugnis enthalten:

  • Kurze Unternehmensbeschreibung.
  • Tätigkeitsbereich und Hauptaufgaben des Praktikanten oder der Praktikantin.
  • Tätigkeitsbeschreibung sowie Auflistung der unterschiedlichen Teilaufgaben.
  • Die fachliche Kompetenz des Praktikanten oder der Praktikantin einordnen.
  • Bewertung der sozialen Kompetenzen, wie Teamfähigkeit oder Stressresistenz.
  • Die Erfolge während des Praktikums anführen.
  • Feedback inklusive Wünsche und Anregungen für die Zukunft.

Sonderfälle bei Praktika

In der Gastronomie sowie dem Hotelgewerbe können Pflichtpraktikanten und Pflichtpraktikantinnen nur im Rahmen eines normalen Arbeitsverhältnisses beschäftigt werden. In Arbeitsbereichen, wie Koch/Köchin, Kellner/Kellnerin usw., steht ihnen eine Entlohnung in der Höhe der Lehrlingsentschädigung zu. Aus welchem Lehrjahr die Lehrlingsentschädigung herangezogen wird, kann anhand der Schulstufe bemessen werden. Im Gastgewerbe haben die Pflichtpraktikanten und -praktikantinnen ebenfalls Anspruch auf aliquote Sonderzahlungen sowie Urlaubsersatzleistungen. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft werden Praktika ebenso im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses absolviert und es gelten die Regeln des Kollektivvertrags.

 

 

Fazit zu den rechtlichen Bedingungen bei Praktikanten und Praktikantinnen

Die Entscheidung für einen Praktikanten oder eine Praktikantin bringt viel Verantwortung für das Unternehmen mit sich. Vor allem ist diese Entscheidung vorab mit der Belegschaft zu klären. Denn wird ein Praktikant oder eine Praktikantin von dieser nicht gewünscht, so kann das Praktikum ganz schnell zum Alptraum für die jungen Menschen werden. Das Erlernen von Abläufen und der Einblick in das Arbeitsleben sollen beim Praktikum im Vordergrund stehen.