Bildungskarenz

Bildungskarenz – Weiterbildung ein Arbeitsleben lang

Manchmal schleicht er sich von hinten an einen ran, ohne das man etwas bemerkt. Der Wunsch nach Veränderung, Entwicklung oder Herausforderung. Doch warum? Im Büro ist es toll. Mit den Vorgesetzten kommt man gut aus. Das Kollegenteam könnte besser nicht sein und man beherrscht den Job. Trotzdem taucht die Frage auf, ob man vielleicht nicht doch die Schule oder das Studium hätte abschließen können. Wer dem Gedanken weiter folgt, fragt sich irgendwann, wie man das vielleicht noch umsetzten könnte. Gibt es Möglichkeiten Aus- oder Weiterbildungen, Abschlüsse, Diplome und Zertifikate nachzuholen? Ja, die gibt es. In der Bildungskarenz.

Wir erklären dir was die Bildungskarenz ist, was du damit machen kannst und wie du sie beantragst.

Was ist die Bildungskarenz?
Warum überhaupt in Bildungskarenz gehen?
Wie lange kann man in Bildungskarenz gehen?
Darf sie jeder in Anspruch nehmen?
Wie hoch ist das Weiterbildungsgeld?
Wann hat man Anspruch auf Weiterbildungsgeld?
Darf man sich etwas dazu verdienen?
Welche Nachweise müssen erbracht werden?
Wie wird sie beantragt?
Nötige Unterlagen zur Beantragung
Welche Weiterbildung darf man machen?
Was geschieht, wenn man während der Bildungskarenz gekündigt wird?
Kann man nach der Elternkarenz in die Bildungskarenz gehen?
Was wenn man während der Bildungskarenz schwanger wird?
Wie informiert man seinen Arbeitgeber?
Nach der Weiterbildung wieder die alte Stelle antreten?
Wie kommt die Bildungskarenz bei der Bewerbung und im Lebenslauf an?
Kann die Bildungskarenz vorzeitig beendet werden?
Gibt es Alternativen?

Was ist die Bildungskarenz?

Arbeitnehmer/innen erhalten durch die Bildungskarenz die Möglichkeit, sich ein Arbeitsleben lang weiterzubilden. Der Bildungskarenz steht nichts im Weg, solange sie im Zusammenhang mit dem beruflichen Kontext steht und der Arbeitgeber dem „Work-time-out“ zustimmt.

Warum überhaupt in Bildungskarenz gehen?

Durch die Bildungskarenz werden die Qualifikationen und Kompetenzen der Arbeitnehmer/innen gestärkt. Das kann der nötige Karrierekick sein, um sich eine Beförderung zu holen. Eine Aus- bzw. Weiterbildung neben einem Vollzeitjob zu machen, ist eine enorme Herausforderung. Die Bildungskarenz verschafft einem mehr Zeit um sich voll auf die Weiterbildung oder ein Studium etc. zu konzentrieren.

Wie lange kann man in Bildungskarenz gehen?

Die maximale Zeitspanne beträgt zwölf Monate innerhalb von 4 Jahren. Der Arbeitnehmer konsumiert entweder die kompletten zwölf Monate auf einmal oder nimmt innerhalb der 4 Jahre immer mindestens 2 Monate davon in Anspruch.

ACHTUNG: Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch für eine Bildungskarenz.

Darf jeder in Bildungskarenz gehen?

Jeder, der sechs Monate durchgehend beim gleichen Arbeitgeber angestellt ist, darf die Bildungskarenz ansuchen. Wie viele Stunden man angestellt ist, ist dabei nicht wichtig, solange sie über der Geringfügigkeitsgrenze liegen. Es geht hierbei immer darum, ob die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wird.

Gut zu wissen:  Arbeitet man in einem Saisonbetrieb, genügt es, wenn man drei Monate ununterbrochen beim gleichen Arbeitgeber nachweisen kann.  Und man muss in den letzten vier Jahren mindestens sechs Monate beim gleichen Arbeitgeber angestellt gewesen sein.

Wie hoch ist das Weiterbildungsgeld?

Geht man in Bildungskarenz erhält man keinen Lohn oder Gehalt mehr vom Arbeitgeber. Man erhält Weiterbildungsgeld vom AMS. Wie hoch dieses Weiterbildungsgeld ausfällt, ermittelt ebenfalls das AMS. Mindestens 14,53 Euro pro Tag erhält der/die Arbeitnehmer/in in der Bildungskarenz. Den Antrag stellt man beim AMS. Frühestens ab dem Tag der Antragstellung erhält man dann die finanzielle Unterstützung. Dies wiederum geschieht nur, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Während der Bildungskarenz ist man kranken-,unfall- und pensionsversichert.

Gut zu wissen: Ist man in Bildungskarenz, hat man keinen Anspruch auf Urlaub oder Weihnachtsgeld.

Wann hat man Anspruch auf Weiterbildungsgeld?

Es gibt Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit man Weiterbildungsgeld erhält. Dazu zählt zum Beispiel, dass man Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Weiters ist es notwendig, die Bildungskarenzvereinbarung mit dem Arbeitgeber beim Arbeitsmarktservice vorzulegen. Eine weitere Voraussetzung ist es, wie bereits erwähnt, mindestens sechs Monate durchgängig beim Arbeitgeber beschäftigt gewesen zu sein.  Zusätzlich sollte man sich bei der Antragstellung darauf einstellen, dass man das Weiterbildungsvorhaben beim AMS (es muss ein beruflicher Zusammenhang bestehen) erklären muss und die entscheidenden wöchentlichen Weiterbildungsstunden nachweisen kann.

Darf man sich etwas dazu verdienen?

Ja, man darf während der Bildungskarenz etwas dazuverdienen. Monatlich sind das 460,66 EURO (2020), das heißt also maximal bis zur Geringfügigkeitsgrenze. Es ist auch erlaubt, diesen Zuverdienst beim Arbeitgeber zu beziehen, der der Bildungskarenz zugestimmt hat. Einkünfte, die sie wegen der Ausbildung erzielen, dürfen das 1,5-fache der Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigen. Ansonsten verliert man den Anspruch auf Weiterbildungsgeld.

Welche Weiterbildung darf man machen?

Um erfolgreich die Bildungskarenz zu beantragen, muss man eine Weiterbildung absolvieren, die mindestens 20 Wochenstunden in Anspruch nimmt. Auch für ein Studium gilt dasselbe. Eine Ausnahme gibt es allerdings, diese betrifft Eltern von Kindern, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und wenn keinen längere Betreuungsmöglichkeit für das Kind vorhanden ist. Dann verringern sich die nachzuweisenden Wochenstunden auf 16.

Wer nun denkt, ach klasse, ich mach die Ausbildung zum/r Yogalehrer/in, obwohl man eigentlich Versicherungsvertreter/in ist, den/die müssen wir enttäuschen, das wird nicht unbedingt klappen. Die Kurse müssen für den ausgeübten Job relevant sein.

Gut zu wissen: Entschieden wird immer von Fall zu Fall

Die Bildungskarenz und Ausbildung starten gleichzeitig. In Ausnahmefällen ist es zulässig, dass eine Vorlaufzeit aber auch Nachlaufzeit von bis zu vier Wochen eingeräumt wird. Das entscheidet allerdings auch das AMS. Ob Vorlaufzeit oder nicht, sollte mit dem/der zuständigen AMS-Betreuer/in abgeklärt werden. Gibt es bei der ausgewählten Weiterbildung Ferien, werden auch diese fortlaufend bezahlt.

Welche Nachweise müssen erbracht werden?

Für die Antragstellung muss eine Bestätigung der Weiterbildungseinrichtung abgegeben werden, welche die mindestens vorzuweisenden 20 Wochenstunden bestätigt. Wie bereits erwähnt, reicht bei Eltern mit einem betreuungspflichtigen Kind unter 7 Jahren ein Nachweis über 16 Wochenstunden aus.

Wer ein Studium absolviert, sollte darauf achten, dass Uni und Bildungskarenz zusammen starten. Nach einem Semester (6 Monaten) muss ein Prüfungsnachweis über 4 Semester-Wochenstunden erbracht werden. Eine zweite Möglichkeit, den nötigen Bildungsnachweis zu erbringen, ist der Nachweis über 8 ECTS-Punkte pro Semester oder aber auch eine Bestätigung darüber, dass es Fortschritte in Bezug auf Ihre Abschlussarbeit oder Diplomarbeit gibt. Weiter ist die Bestätigung über die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung ebenfalls legitim, um weiterhin Weiterbildungsgeld zu erhalten.

Die Nachweise müssen unabhängig von Semester oder Ferien erbracht werden. Das bedeutet, nach sechs Monaten ab Beginn des Timeout muss, um weiter Weiterbildungsgeld zu erhalten, alles Nötige vorgezeigt werden.

Beispiel: Sie studieren bereits im Wintersemester, ihre Weiterbildungsauszeit startet aber erst mit 31.12. dann müssten Sie bis 30.6 den benötigten Nachweis vorweisen.

Die Bildungskarenz in der Ferienzeit zu beginnen ist nur dann möglich, wenn Sie bereits vor der Antragstellung inskribiert waren und studiert haben.

Beispiel: Sie studieren seit dem Sommersemester 2020 und die Karenz startet erst mit Juli 2020. (Hypothetisches Beispiel. 2020 hat man die Sommerferien wegen COVID-19 gestrichen.)

GUT ZU WISSEN: Wer den nötigen Nachweis nicht erbringt, kann vom AMS keine Fortzahlung des Weiterbildungsgeldes erwarten. Das AMS kann das Weiterbildungsgeld sogar zurückfordern.

Weiterbildung

Wie beantragt man die Bildungskarenz?

Man beantragt sie bei dem zuständigen AMS. Den Antrag kann man frühestens einen Monat vor der geplanten Bildungskarenz beantragen. Das Weiterbildungsgeld wird nicht rückwirkend bezahlt. Man erhält es frühestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung.

Nötige Unterlagen zur Beantragung der Bildungskarenz

Das Wichtigste ist das ausgefüllte Antragsformular. (Das erhalten Sie direkt beim AMS oder Sie downloaden es hier.) Zusätzlich muss man die E-Card, Meldezettel, Vereinbarung über Bildungskarenz mit dem Arbeitgeber, Bestätigung über die Aus- und Weiterbildungsmaßnahme (inklusive Kursdauer) und bei einem Studium die Inskriptionsbestätigung vorlegen.

Was geschieht, wenn man während der Bildungskarenz gekündigt wird?

Kündigungsschutz gibt es während der Bildungskarenz leider nicht.  Kündigt der Arbeitgeber den/die Angestellte/n während der Bildungskarenz, bleibt zumindest der Anspruch auf das Weiterbildungsgeld erhalten. Der Karenzler erhält kein Geld mehr, wenn er oder sie selbst kündigt, schuldhaft entlassen wird oder es zu einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt.

Bezieht man die Bildungskarenz nicht an einem Stück, sondern hat sie aufgeteilt, hat man ab der Kündigung kein Anrecht mehr darauf. Die Teile verfallen.

Kann man nach der Elternkarenz in die Bildungskarenz gehen?

Zwischen dem Ende der Elternkarenz und dem Beginn der Bildungskarenz darf kein einziger Tag liegen. Der Übergang vom Kinderbetreuungsgeld hin zum Weiterbildungsgeld muss also fließend sein. Liegt auch nur ein Tag zwischen den beiden, streicht man das Geld für die Weiterbildungsmonate.

Was wenn man schwanger wird während der Bildungskarenz?

Zuallererst:”Herzlichen Glückwunsch!”  Wird man während der Bildungskarenz schwanger, tritt zum Wohle der Mutter ein strenger Kündigungsschutz in Kraft. Auch nach Ende der Weiterbildung kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht beenden. Das Wochengeld berechnet sich von den letzten 3 Monaten des Arbeitsverhältnisses vor der Bildungskarenz.

Wie informiert man seinen Arbeitgeber?

Nun, da man die Zustimmung des Arbeitgeber benötigt, ist es ein Vorteil, ein offenes Gespräch zu suchen. Um nicht unvorbereitet in das Gespräch zu gehen, ist es wichtig, sich vorab schon Gedanken zu machen, was man als Pro-Argument vorbringt.

Hier können Sie sagen, dass sie mit neuem Wissen, höherer Kompetenz, besseren Qualifikationen und vielleicht sogar mit frischem Wind zurück in die Firma kommen. Ein weiteres Argument, das Sie ihrem Chef liefern können ist, dass für das Unternehmen keine Kosten anfallen. Der Urlaub kürzt man ebenfalls anteilig.  Diese Weiterbildung kostet dem Unternehmen keinen Cent, gleichzeitig fördern Sie die Mitarbeitermotivation.

Nach der Weiterbildung die alte Stelle wieder antreten?

Da der Arbeitsplatz erhalten bleibt, hat der/die Arbeitnehmer/in die Möglichkeit, nach Ende der Bildungskarenz wieder ins alte Unternehmen zurückzukehren. Dem Arbeitnehmer steht das gleiche Beschäftigungsausmaß und die gleiche Tätigkeit wie vor dem Timeout zu. In Ausnahmefällen vereinbart der Arbeitgeber und der/die Arbeitnehmer/in eine einvernehmliche Lösung.

Wie kommt die Bildungskarenz bei der Bewerbung und im Lebenslauf an?

Bewirbt man sich für einen Job, ist es kein Problem, in der Bewerbung oder im Lebenslauf die Bildungskarenz anzugeben. Das Engagement und der Wille, sich Wissen anzueignen, werden positiv bewertet. Es zeigt dem Recruiter, dass der/die Bewerber/in beruflich weiterkommen will.  Natürlich ist es von Vorteil, wenn man Zeugnisse oder Zertifikate von den abgeschlossenen Ausbildungen aus der Bildungskarenz vorweisen kann.

Kann die Weiterbildungszeit vorzeitig beendet werden?

Nur der/die Arbeitgeber/in und der/die Arbeitnehmer/in können im beiderseitigem Einverständnis die Vereinbarung der Bildungskarenz lösen. Der/die Arbeitgeber/in kann den/die Arbeitnehmer/in nicht einfach an den Arbeitsplatz zurück beordern und umgekehrt kann der/die Arbeitnehmer/in nicht vorzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren.

Sind sich alle Beteiligten einig, löst man die Bildungskarenz vor dem geplanten Ende auf.

Gibt es Alternativen zur Bildungskarenz?

Als eine attraktive Alternative gilt die Bildungsteilzeit. Die normale Arbeitszeit verringert sich um 25 % – 50 %. Voraussetzung ist, dass man mindestens 10 Stunden pro Woche arbeitet und min 10 Stunden pro Woche für die Aus-bzw. Weiterbildung nutzt. Der Arbeitnehmer kann bis zu 24 Monate Bildungsteilzeit nutzen. Das Minimum beträgt 4 Monate. Auch hier kann man die Bildungsteilzeit innerhalb von vier Jahren gestaffelt nutzen.

Fazit

Wer mit dem Gedanken spielt, eine zusätzliche Ausbildung oder Weiterbildung zu machen, für den ist die Bildungskarenz definitiv eine attraktive Möglichkeit dem gewünschten Ziel näher zu kommen.