30-Stunden-Woche

Die 30-Stunden-Woche – Vorteile und zukünftige Aussichten für Österreich

Die 30-Stunden-Woche – für die meisten Arbeitnehmer/innen wäre das der Traum – weniger arbeiten, während man gleich viel verdient. Was gibt es Schöneres? Kein Wunder, dass sich jede/r 2. Österreicher/in eine Arbeitswoche mit 30 Stunden wünscht. Aber wer hat eigentlich bestimmt, dass eine Arbeitswoche 40 Stunden haben soll? War das schon immer so? Sehen wir uns hierfür kurz die Entwicklung der gesetzlichen Arbeitszeit in Österreich an:

  • 19. Jahrhundert

    80h/Woche

    keine gesetzlichen Einschränkungen

  • 1885

    66h/Woche

    erste arbeitsrechtlichen & sozialpolitischen Gesetze

    1885

  • 1919

    48h/Woche

    gesetzlicher 8-Stundentag in den meisten Branchen + viele sozialpolitische Gesetze

  • 1975

    40h/Woche

    wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden

    1975

  • 1985

    38,5h/Woche

    in einiges Branchen wurde 1985 die 38,5-Stunden Woche eingeführt

Wie die Grafik oberhalb veranschaulicht, hat sich die Arbeitszeit im Laufe der Geschichte stets verringert – die gesetzliche Höchstarbeitszeit hat sich in einem Jahrhundert um die Hälfte verkürzt – von 80 Arbeitsstunden auf nur noch 40.

Eine Ausnahme gibt es in der Geschichte jedoch: 2018 hat sich aufgrund der FPÖ und ÖVP die zulässige Höchstarbeitszeit wieder auf 12 Stunden bzw. 60 Stunden pro Woche erhöht. Die Begründung dahinter: Arbeitszeiten sollten flexibler gestaltbar sein und Arbeitskräfte sollten dann zur Verfügung stehen, wenn man sie braucht. Die Normalarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte liegt aber immer noch bei 40 Stunden. Wenn mehr Stunden gearbeitet werden, gelten diese als Überstunden.

Wie aber sieht es mit der Zukunft aus? Wird die 30-Stunden Woche bald eingeführt?

Ob die 30-Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich bald zur Realität wird, steht leider noch in den Sternen. Erkennen lässt sich, dass linke Politiker/innen die Arbeitszeitverkürzung eher befürworten, während rechte Politiker/innen dem eher abgeneigt gegenüber stehen.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner beispielsweise, fordert die 30-Stunden Woche. Auch die Grünen wollen in Wien für alle Gemeindebediensteten die Arbeitszeit auf 35 Stunden in der Woche reduzieren. So sollen neue Arbeitsplätze geschaffen und die Arbeitsqualität verbessert werden. Ob sich diese Wunschvorstellungen jedoch durchsetzen werden ist fraglich, weil Parteichefin Pamela Rendi-Wagner nicht nur bei anderen Parteien, sondern auch bei Personen ihrer eigenen Partei auf Widerstand stößt. Denn die 30-Stunden-Woche sei für einige Berufe wie Chirurg/innen oder Pfleger/innen einfach nicht denkbar.

Gibt es die gesetzliche 30-Stunden-Woche schon in anderen Ländern?

Gesetzliche Richtlinien, die die 30-Stunden-Woche befürworten, gibt es zwar noch keine, dafür aber schon zahlreiche Testversuche. Ein Altersheim in Schweden hat für zwei Jahre den 6-Stunden Tag getestet. Das führte zu einem deutlichen Produktivitätsanstieg, einer besseren Arbeitsqualität und geringeren Krankenständen. Außerdem musste neues Personal eingestellt werden und so wurden neue Arbeitsplätze geschaffen.

Im neuseeländischen Unternehmen Perpetual Guardians wurde 8 Wochen lang die 4-Tage-Woche getestet. Alle 240 Mitarbeiter/innen des Unternehmens durften sich einen beliebigen Tag der Woche auswählen, an dem sie nicht arbeiten mussten – und das bei vollem Gehalt. Die Ergebnisse des Testversuchs waren so gut, dass das Unternehmen sich dauerhaft für diese Variante entschied.

Auch in Österreich gibt es ein Unternehmen, welches sich für die 30-Stunden-Arbeitswoche bei vollem Gehalt entschied: Nämlich die Online-Marketing Firma eMagnetix. Als erstes österreichisches Unternehmen, das die 30-Stunden-Woche eingeführt hat, wurde es 2019 zur besten Arbeitgebermarke der D-A-CH Region gewählt und erhielt außerdem einen Sonderpreis in der Kategorie “Future of Work”. Da Menschen laut Untersuchungen ohnehin nur 5 Stunden am Tag wirklich produktiv sein können, macht die Arbeitszeitverkürzung für eMagnetix, abgesehen davon, dass die Mitarbeiter/innen glücklicher und motivierter sind, keinen großen Unterschied. Auch hier bekommen alle Arbeitskräfte den vollen Gehalt, obwohl sie 25% weniger arbeiten müssen.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Arbeitszeitverkürzung?

  • Vorteile
  • Produktivitätssteigerung
  • Work-Life-Balance
  • Gesundheit
  • Gleichberechtigung für Frauen
  • Employer-Branding
  • Nachteile
  • Kosten
  • Starke Branchenabhängigkeit
  • Gesundheit
  • Gleichberechtigung für Frauen
  • Employer-Branding

Wie man in der Tabelle oben sieht, überwiegen die Vorteile einer Arbeitszeitverkürzung den Nacheilen. Gehen wir kurz näher auf die Vor- und Nachteile ein:

Produktivitätssteigerung

Jedes Unternehmen, das eine kürzere wöchentliche Arbeitszeit getestet hat, konnte eines feststellen: Eine Steigerung der Produktivität. Laut Studien können sich Menschen täglich nur für 4-6 Stunden lang konzentrieren – danach fällt die Produktivität. So kann in einigen Berufen auf langfristige Sicht in 6 Stunden die gleiche Leistung erbracht werden, wie in 8 Stunden. Für diese Berufe hätte eine Arbeitszeitverkürzung keine Nachteile, denn die gewünschten Ergebnisse werden erzielt und die Mitarbeiter/innen sind aufgrund mehr Freizeit glücklicher.

Work-Life-Balance

Eine Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 30 Stunden hätte zur Folge, dass Mitarbeiter/innen jeden Monat 4 Tage weniger arbeiten müssten und somit jährlich rund 10 Wochen mehr Freizeit hätten. Auch der Arbeitstag würde sich von 8 auf 6 Stunden verkürzen und würde Angestellten so nach dem Arbeiten noch genug Zeit lassen, um anderen Aktivitäten, wie Hobbies oder Erledigungen nachzugehen. Die Work-Life-Balance würde sich eindeutig verbessern.

Gesundheit

Die verbesserte Work-Life-Balance wirkt sich wiederum direkt auf die Gesundheit der Menschen aus. Menschen hätten mehr Zeit für Sport, zum Kochen und zum glücklich sein. Glückliche Menschen sind ja bekanntlich gesunde Menschen und außerdem würden psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Burn Outs seltener auftreten als zuvor. Bei allen Unternehmen, die die 30-Stunden-Woche getestet haben, gingen die Mitarbeiter/innen viel seltener sowie kürzer in den Krankenstand.

Gleichberechtigung für Frauen

Besonders für Frauen mit einer Familie würde sich eine Arbeitszeitverkürzung lohnen. Da viele Frauen aufgrund ihrer familiären Pflichten nur Teilzeit arbeiten können, verdienen sie weniger und haben geringere Aufstiegsmöglichkeiten. Wenn eine 30-Stunden-Woche eingeführt werden würde, könnten sich junge Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewähren.

Employer-Branding

Unternehmen, die jetzt schon ohne gesetzliche Regulierungen die 30-Stunden-Woche eingeführt haben, besitzen einen klaren Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Für sie ist es viel einfacher, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, weil sie den Mitarbeiter/innen viel mehr Vorteile anbieten als andere Unternehmen. Somit können sie sich die besten Arbeitskräfte aussuchen.

Kosten

Aufgrunddessen, dass in vielen Branchen mehr Arbeitskräfte angestellt werden müssten, würden die Kosten für Unternehmen und den Staat beträchtlich ansteigen. Viele Politiker/innen argumentieren, dass dies das staatliche Budget sprengen würde und dass in manchen Berufen ein 6-Stunden-Tag einfach nicht möglich sei – wie beispielsweise bei Chirurg/innen oder Pfleger/innen. Andere warnen davor, dass viele Unternehmen ins Ausland abwandern würden, um einer Lohnkostensteigerung zu entgehen.

Im Experiment des Altersheims in Schweden ergaben sich aufgrund des erhöhten Personalbedarfs umgerechnet eine Million Euro Mehrausgaben. So ist davon auszugehen, dass besonders in Branchen wie der Gastronomie oder staatlichen Einrichtungen mit massiv höheren Personalkosten gerechnet werden muss. Das würde kleinere Gewinne für Unternehmen und eine höhere Verschuldungsrate für den Staat bedeuten.

Starke Branchenabhängigkeit

Je nach Branche hätte eine Verkürzung der Arbeitszeiten andere Auswirkungen. Für Branchen mit Kundenservice oder Berufe, die mit der Betreuung von Menschen zu tun haben, hätte die 30-Stunden-Woche viel schlimmere Auswirkungen als für andere Branchen. Zusätzliches Personal müsste eingestellt werden. So hätten beispielsweise Gastronomiebetriebe, Schulen oder Krankenhäuser enorm höhere Personalkosten, während Unternehmen in anderen Branchen keine negativen Auswirkungen erleiden würden.

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